Mittwoch, 4. Februar 2009

...

Ich war tatsächlich zur Schule. Trotz nicht schlafen könnens. Nur nicht zuhause bleiben. Irgendwas tun. Irgendwie funktionieren. Vorgeben zu funktionieren. _Mir_ vormachen zu funktionieren.

Ich bin etwas spät dran. Unschlüssig stehe ich vor der Tür zum Klassenraum. Schritte auf der Treppe. Die Lehrerin. Nun muss ich wohl. Also rein.

Das Geplaudere verstummt. Die bohrende Blicke spürend setze ich mich betont gleichgültig oder gefasst oder was auch immer auf meinen Platz. Gemurmel in der Klasse. Krankenhaus... etwas Ernstes... Bruchstücke aus dem Gemurmel. Irgendwie schmunzel ich innerlich. Dummes Pack.

Knapp anderthalb Stunden "Soziale Absicherung in Deutschland". Ich sollte zuhören. Kann mich nicht konzentrieren. Statt Mitschriften über Arbeitslosen-, Renten-, Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung entsteht Blogeintrag "Dienstag". Da noch in einem Stück.

Pause. Wider Erwarten verlasse ich nicht den Raum wie gewohnt um eine zu rauchen. Die Schüler schauen irritiert. Wieder Flüstern. Krankenhaus...? ...was Ernstes? Ich stehe auf, setze mich auf meinen Tisch, blicke mich um. Das Gemurmel verstummt. Sie starren zurück. Ich höre mich sagen:

Gerüchteküche ist am Brodeln? Ich bin da... Ihr könnt fragen.

Betretenes Schweigen.
A. plappert zuerst los. Ich muss schmunzeln. Irgendwie hatte ich das erwartet. Hatte sie doch im Schreibwarengeschäft gestern schon einen Versuch unternommen.

"Was ist denn nun mit Dir? Wo warst Du so lange? Warum musstest Du ins Krankenhaus? Hast Du was Ernstes?"

Ich spiele mit dem Gedanken auszupacken. Ganz und gar. Ich fühle mich überlegen. Die sind schließlich alle 4-8 Jahre jünger als ich. Ich weiß, was los ist. Sie erwarten eine spektakuläre Erklärung.

Ich war im Krankenhaus, weil ich mir die Psychiatrie anschauen wollte.

Pause. Wirkungsvolle Pause. Ich überlege. Spiele ich weiter? Gebe ich ihnen aufregenden Gesprächsstoff? Befriedige ich ihre Sensationsgeilheit? Nein. Ganz entschieden NEIN. Heute fühle ich mich "stark", amüsiere mich über sie. Die "Kinder"... sry, aber diese Klasse kann ich einfach nicht ernst nehmen. Bis auf eine Ausnahme. Ein Problemfall. Aber den kann ich mir in meinem momentanen Zustand nicht aufhalsen. Wie auch immer. Heute fühle ich mich überlegen... aber morgen? Traue ich mich dann morgen noch zur Schule? Wohl nicht. Also NEIN.

Es gab Probleme wegen des Praktikums. Ich wollte es in der psychiatrischen Abteilung des G**** Krankenhauses machen. Aber leider geht das auf einmal nicht mehr, weshalb mich die Pflegedienstleitung bat nochmal vorbeizukommen. Hat sich nun aber geregelt.

Die Enttäuschung ob der unsensationellen Information stand einigen recht deutlich ins Gesicht geschrieben. Manche jedoch sahen aus als würden sie lüsternd auf weitere interessantere Erklärungen warten.

"Und warum warst Du nun so lange nicht hier? Ich hab Dich letzte Woche gesehen, wie Du in den Bus zum KH gestiegen bist."

Grippe. Schlichtweg eine Grippe. Zumindest die eine Woche. Die zweite Woche Superinfektion. Sprich Grippe plus Bronchitis und Verdacht auf Lungenentzündung. Die anderen vereinzelten Fehltage - Kreislaufprobleme. Ihr wißt schon... lange krank, da kann das mal vorkommen, dass der Kreislauf bißchen verrückt spielt.

Nun waren sie tatsächlich alle enttäuscht. Ein Jammer aber auch. *schultern zuck*

Ich bin irre! Ich bin vollkommen irre! Was habe ich mir nur dabei gedacht? Das war doch nicht ich, oder doch? Das ist doch nicht meine Art, mich freiwillig auf ein Silbertablett zu stellen und... ach ist auch egal. Pause ist vorbei. Nun noch anderthalb Stunden Pflege und dann ab nachhaus. Schlafen. Ich bin so verdammt müde. Ich will endlich mal wieder schlafen. Und vor allem nicht denken.

Musik kann ich mir übrigens immer noch nicht in die Ohren stopfen.

I. ist ein Idiot. Ich warte schon wieder auf die Unterhaltszahlung. Miete ist bezahlt. Von der tollen BAföG-Nachzahlung. Immenser Betrag^^. Und ich hatte gehofft, mir die knapp 100Euro für ein Tattoo oder vielleicht auch für _die_ Jacke weglegen zu können. Aber nun sind eben nur noch wenige Taler auf dem Konto, die mich höchstens über eine, ohne Zigaretten ganz eventuell auch über zwei Wochen bringen. Ohne KV und andere Rechnungen zu berücksichtigen. Die können mal wieder nicht bezahlt werden. Und irgendwie juckt mich das gerade nicht mal wirklich. In Anbetracht jüngster Vorkommnisse und des nach wie vor bestehenden Gefühlschaos, geradezu lächerliches Problempotenzial.

Dienstag Part V

Zum Zahnarzt. Alles ok, soweit.
"Belassen wir es beim ursprünglichen OP-Termin?" - Meinetwegen.

Unschlüssig bleibe ich vor der Tür stehen. Nachhause? Langsam mache ich mich auf den Weg Richtung Bus. Nein, ich gehe doch lieber zu Fuß.

Das kann nicht wahr sein! Die Kopfhörer geben den Geist auf. Keine Musik. Keine Ablenkung. Eine halbe Stunde Fußweg vor mir. Denken. Die Gedanken kreisen. Ich will nicht an... ich will nicht daran denken. Ich will überhaupt nicht denken.

Zuhause. Schlafen? Essen? Nicht wirklich.
Weshalb auch immer - ich suche meine Hefter raus und lerne. Ich. Lernen. Hängengeblieben ist nichts. Aber es verging wenigstens Zeit.

Das Forum. Eine Entschuldigung wäre wohl fällig. MSN? Geht nicht. ICQ? PN? Gar anrufen? Ich bin feige. Nur ein Text im Blog. Dank PW kann sowieso nur eine Person es lesen.

Müde... schlafen... Schule morgen? Mal sehen.

Der Tag war mies. Aber irgendwie hab ich ja doch ein bißchen was geschafft. Versuche ich mir zumindest einzureden.

Dienstag Part IV

Warten auf den Bus. Wohin?

Ach, muss noch zur Post. Schon wieder Telefon. Mutter.

"Bin in G... Mit Vati. Was machst Du grad?"
Bin auf dem Weg in die Stadt.
"Treffen?"
Hmm.

Auf dem Weg zur Post am Studio vorbeigekommen, Nase ans Fenster gedrückt. Mutters gesehen. Rein.

"Du siehst aber fertig aus. Ist irgendwas?"
Nööö.
"Paps lungert in der Stadt rum. Ruf ihn doch mal an."

Raus aus dem Geruch chemikalischer Lösungen und weg von Mundschutz tragenden Asiaten. Paps anrufen. Zur Post. Kaffeetrinken mit Paps.

"Du siehst aber... "
...fertig aus? Nur etwas müde.
"Ach so."

Plaudern. Kaffee. Reden. Ernst reden. Das Gefühl ihm zwar nichts konkretes sagen zu können, aber gut mit Paps klar zu kommen. Ernst reden können. Ernst genommen zu werden. Zu einem gewissen Grade zumindest. Kaffeetrinken mit Vater in einem kleinen Café ist seltsam.

"Hast Du heute nicht um 15h Termin beim Zahnarzt?" - Oh... ja... Mist.

Ein Blick auf die Uhr. Bißchen Zeit ist noch. Paps setzt diesen Blick auf. Den, den er immer aufsetzt, wenn er versucht in andere hineinzuschauen, aber nicht weiß, ob er fragen soll/kann/darf.

Ich muss dann auch los. Noch eine Zahnbürste besorgen....
"Hmm."

Er zahlt. Wir verlassen das Café. Immer noch dieser Blick. Er drückt mich. So fest. Ich geniesse es irgendwie.

"Ich hab Dich lieb, S., pass auf Dich auf" flüstert Paps.
Klar! rutscht es mir etwas zu überschwenglich und somit nicht gerade überzeugend heraus.

Ich drücke nochmal meine Nase an die Scheibe des Nagelstudios, winke meiner Mutter und werfe ihr eine Kusshand zu. Sie freut sich.
Bloss schnell umdrehen, bevor sie sehen, dass ich schon wieder anfange zu heulen...

Dienstag Part III

Bus gerade noch so erwischt.

Die Klinik. Irgendwie beängstigt mich der Anblick. Geduldig stelle ich mich an der Rezeption an.

Wo finde ich Fr. P.?
"..."
Danke.

Gänge. Fahrstuhl. Flure.
Die Sekretärin: "Fr. S. ist daaaa."
Schrille Stimme, aber wirkte dennoch sympathisch.
Fr. P. dann wirkte nicht nur so. Sie war es irgendwie auch.
Ich konnte mich des Eindrucks eines Bewerbungsgespräches nicht erwehren. Aber es lief gut. Heißt: zwei Wochen Tagesklinik. Die restlichen acht Wochen auf der E4.

Zwei Wochen sollten genügen, um nicht nur einen oberflächlichen Eindruck von der psychiatrischen
Abteilung gewinnen zu können. Vielleicht gefällt es mir. Mal sehen, wie es dann mit dem Fällen einer Entscheidung aussieht.

Warten auf den Bus. Wohin?

Dienstag Part II

Warten auf den Bus. Wohin?

Telefon. Die Klinik.

"Praktikum geht nicht. Kann Ihnen nur zwei Wochen anbieten." - Ich brauche aber 10. Ist auch egal auf welcher Station.

"Können Sie sonst nochmal langkommen?" - Bin auf dem Weg.

Also eben dahin. Bus in diese Richtung gerade weg. Halbe Stunde Zeit. Hmm. Kopieren. Ich muss noch Formulare kopieren. Schreibwarengeschäft. Zwei Mitschülerinnen. Ein knappes Hallo. Kopieren. Hinter mir ein Räuspern.

Hmm?
A. schaut mich etwas nervös an.
Was ist denn?
"Also... die Leute reden. In der Schule. Über Dich."
Innerlich Herzrasen, nach außen nur ein gleichgültiges: Und?

"Naja, was ist denn mit Dir? Kommst Du noch oder hast Du hingeschmissen? Die Lehrer reden auch..." - War heute da, aber die Telefonkette hat mich wohl ausgelassen.

Das kam etwas zu schnippisch rüber. A. ignoriert es freundlicherweise. Schweigen.

Naja, ich muss dann wieder. -
"Wo willst noch hin?" - Krankenhaus.
"Ist es etwas Ernstes?" platzt es aus ihr raus. - Joa... (warum hab ich ja gesagt?!?)

Egal. Sollen sie reden. Bus gerade noch so erwischt.

Dienstag Part I

Zwei Stunden Schlaf. Der Wecker klingelt schrill. Alles wirkt fremd, gähnende Leere in mir. Aufstehen. Fertigmachen. Zur Schule. Keine Ahnung warum, aber es funktioniert. Ich funktioniere. Vielleicht muss ich auch einfach nur aus der Wohnung raus. Ne halbe Stunde zu früh. Die Schule liegt dunkel auf der Kreuzung. Kein Licht in den Räumen, nur auf den Fluren. Streik. Sprich: kein Unterricht. Ich fühle, wie Tränen aufsteigen. Ich kann doch nicht nachhaus. Ich will nicht. Dann eben anders. Ins Sekretariat. Bewerbungsunterlagen holen. Formulare für Nachprüfungen. Ein leerer Raum. Unterlagen ausfüllen. Im Sekretariat abgeben. Der Klassenlehrerin über den Weg laufen. Mich kurz auf den Stand bringen lassen. Dann die befürchtete Frage:

"Wie geht es Ihnen? Was ist mit Ihrer Ausbildung?" - Gut. Nichts, was soll sein? War einfach nur krank.

Heulkrampf. Kaffeetrinken mit Lehrerin. Sie schob mir eine Nummer zu.

"Rufen Sie doch da mal an." - Hmm.

"Wie schaut es mit Ihrem Praktikum aus? Ich brauche noch die Bestätigung von der Einrichtung." - Hmm... ich kümmer mich...

Warten auf den Bus. Wohin?

...

Es geht in die Klinik. Na wer zuckt jetzt zusammen? Keine Angst, es geht nicht in dem Sinne in die Klinik. Mir fiel nur kein anderer Einstieg ein. Die letzten zwei Tage waren so überaus chaotisch, verängstigend, verletzend, nervraubend, schlaflos, voller Wut, Enttäuschung und Ausrastern - es gäbe etliche Worte sie zu beschreiben, aber ich will schlichtweg sagen - überfordernd. Zum Einen mein gescheiterter Versuch, zum Anderen sein angedrohter Versuch. Das Gefühl der Ohnmacht, absolut nichts tun zu können, geistig als auch körperlich vollkommen gelähmt zu sein.

Dienstag in kurz und unüberdacht...

Ich hätte zur Schule gemusst. Es ging nicht. Ich bin aufgestanden. Hab mich auch auf den Weg gemacht, mich dann jedoch auf dem Absatz wieder umgedreht und ins stille Kämmerchen geflüchtet. Noch ein "Gespräch". Gleicher Ablauf. Diese immense Entäuschung. Dieser Zorn auf mich selbst. Wie konnte ich nur so dumm sein, mich wiedermal auf die Versprechungen einzulassen? Ich hätte es wissen müssen. Der Gipfel der jahrelangen Streits wurde erreicht. Ich hab es tatsächlich gesagt. Ich habe tatsächlich gesagt "GEH!" Und ich glaube, zum ersten Mal habe ich es, in dem Moment als ich es sagte, tatsächlich ernst gemeint. So schlimm war es noch nie. Wirklich noch nie. Glaube ich zumindest. Ich hätte mich zerreißen wollen. Buchstäblich zerreißen; wußte nicht was zu tun, wohin mit mir. War nur froh, dass ich alleine in der WG war. Ein regelrechter Höllentrip, nahezu eine ausgewachsene Panikattacke. Zwei Stunden Schlaf.

...

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